"Be DEMO not emo"

Politisch engagiert zu sein? Mareike Nieberding sah bis vor gut einem Jahr keinen Anlass dazu: „Ich hätte auch weiterverfahren können. Weil es mir ja gut geht. Mir es ja gut ging. Politisch gesehen, war ich eine ziemlich faule Optimistin.“

Bis November letzten Jahres führte sie zwar ein politisch interessiertes Leben - ihr Beruf als Journalistin gebietet dies sogar - mehr jedoch nicht. Was geschah dann? Die AFD zog in fünf Landesparlamente ein, Übergriffe auf Flüchtlingsheime bestimmten z.T. die Nachrichten, die Briten stimmten für den Brexit, die Amerikaner wählten Donald Trump. Letzteren erlebte sie während seines Wahlkampfes live auf einer Rally in Pennsylvania. Sie war schockiert von seiner destruktiven Macht: „Als Journalistin mitten in der Menge in einem Käfig eingesperrt zu sein und auf Geheißen von Trump von den Umstehenden, die eben noch friedlich Hot Dogs gegessen und Mountain Dew getrunken hatten, ausgebuht zu werden, war eine ziemlich schlimme Erfahrung.“ Mareike entschied, nicht länger nur zusehen zu wollen. Alles begann am Tag nach der Trump-Wahl, während einer langen Autofahrt mit viel Zeit zum Nachdenken und mit einem Facebook-Post: „Liebes Facebook, hiermit gründe ich eine Jugendbewegung“ - für Demokratie, Dialog und eine offene Gesellschaft.

Diese Bewegung heißt DEMO „und hat im letzten Jahr versucht so viele junge Menschen wie möglich zum Wählen zu motivieren. Plattformen für Dialog zu schaffen. Ein Katalysator für politisches Engagement zu sein.“ Dabei geht es eigentlich darum, sich kennenzulernen, „milieu-, geschlechter-, religions- und - nicht unwichtig - parteiübergreifend.“ DEMO will also Menschen zusammenbringen, um über das zu reden, was wichtig ist. Zuerst geschah dies im Januar 2017 in Berlin beim ersten Treffen von DEMO-Interessierten aus Mareikes Freundeskreis sowie dem Kreis von mittlerweile 5000 Facebook-Followern. Fünf Monate später hatte sich ein Kernteam von rund zehn Leuten gebildet, die über ganz Deutschland verstreut waren. Bundesweit bildeten sich Regionalgruppen, die - wie Mareike Nieberding bei Maybritt Illner - mit den Menschen über Politik diskutierten. Vor allem Berufsschulen, die nicht einen derartigen Überfluss an Input haben wie Gymnasien, beknieten DEMO, bei ihnen Workshops abzuhalten. Doch allmählich schien sich auf der politischen Bühne dann doch wieder die Vernunft durchzusetzen: Macron gegen Le Pen, Rutte gegen Wilders… Und die Welt gewöhnte sich an Trump: „Empörung ist eine flüchtige Sache. Demo hing an ihr wie der Kranke am Tropf.“ Dann ging es auf die Bundestagswahl zu.

In ihren Workshops konnte DEMO feststellen, dass die Jugendlichen zwar oft behaupteten, politisch nicht interessiert zu sein und keine drei Zeitungen am Tag zu lesen, sie aber durchaus klare politische Meinungen vertraten. Ihnen dies bewusst zu machen und Nichtwähler davon überzeugen zu können, ihr Kreuz zu machen, wurde fortan zur Hauptaufgabe des Vereins. Der dazu motivierende persönliche und interessierte Austausch ist aufwändig. DEMO verstand und akzeptierte, „dass sich eine Bewegung auch in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen kann“ und blieb trotzdem aktiv. Denn „wenn wir die Demokratie nicht lieben, verlässt sie uns.“ Aktuell ohne Regierung muss man noch nicht in Panik ausbrechen. „Wir haben keinen Trump, keinen Erdogan, keinen Putin, keinen Orban an der Spitze unseres Staates.“ Dass es so bleibt, ist auch die Aufgabe der Jugend. Sie ist „das Deutschland von morgen.“ „Euch,“ ruft Mareike die Zuhörer auf, „uns bleiben noch ein paar Jahre bis wir dieses Land übernehmen werden.“

Eifrig wurden im anschließenden Kamingespräch Fragen gestellt. Rasch entstand auch eine politische Diskussion - wiederum ausgehend von den Auftritten eines Donald Trumps. Dass die Jugend an der Politik um sie herum nicht interessiert sei, straften die Anwesenden Lüge. Und wieder 20 SchülerInnen konnte DEMO zurückspiegeln, dass sie eine wertvolle Meinung haben, der sie auch auf Wahlzetteln Ausdruck verleihen sollen. Vielen Dank!

Oliver Dietz & Katja Olschewsky

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